ArtiKEl aus Siegessäule queeres StadtMagazin

Wenn Drag-Queens Kindern vorlesen…

In Berlin gibt es seit einiger Zeit die Drag-Queen-Story-Hour, bei der Drag Queens und Drag-Künstler*innen Kindern vorlesen. Für die Juli-Ausgabe des queeren Stadtmagazins Siegessäule habe ich für den Bereich “Szene machen” ein Gespräch mit den Veranstalterinnen geführt:

“Evyonne Muhuri und Dora Androulidaki haben es sich zur Aufgabe gemacht, etwas gegen Unwissenheit, Angst und Hass zu tun – insbesondere für Kinder und Eltern. Deshalb richten sie in Berlin die „Drag Queen Story Hour“ aus, bei der sich Drags und Kinder begegnen können.

Die Kinder machen große Augen: Dragqueens, Dragkings und andere Dragartists lesen ihnen vor, singen, tanzen und spielen mit ihnen. Die Begegnung zwischen den Kleinen und den Großen ist von Lachen und auch Staunen geprägt und sie fordert klassische Konzepte von Geschlecht und Gender heraus. Das eröffnet Kindern und Eltern Räume, anders zu denken, und bietet Anschluss für jene, die nicht den Normen von Geschlecht und Gender entsprechen.

‚Es ist ein bisschen wie die liebenswert verrückte Tante, die vorbeischaut, wenn die Kinder auf die Queens treffen‘, sagt Evyonne. Gemeinsam mit Dora bietet sie seit Dezember 2018 die Vorlese-Events namens ‚Drag Queen Story Hour‘ an. Inspiriert wurden sie zu dieser Veranstaltung vom gleichnamigen Konzept aus den USA. Dort sind die Events, bei denen Dragqueens mit Kindergarten- und Grundschulkindern Zeit verbringen, bereits seit längerem ein Erfolg. Neben New York City, wo ‚Drag Queen Story Hour‘ ihren Anfang nahm, finden mittlerweile Veranstaltungen in etlichen Städten und kleineren Gemeinden der USA statt. Das Format hat viel Lob Aufmerksamkeit von der Presse erhalten. Die Story Hours finden oft in Bildungseinrichtungen statt – so auch in Berlin. In den USA geschah das naturgemäß nicht ohne Gegenwehr konservativer Kräfte, die auch ‚besorgte Eltern‘ auf den Plan riefen.  Das ist bei genauerer Betrachtung nicht verwunderlich, greift das Konzept doch Normalität dort an, wo sie am empfindlichsten ist: in ihrer vermeintlichen Natürlichkeit. Die Veranstalterinnen wollen zeigen, dass es Diversität gibt und man sich vor ihr nicht fürchten muss: ‚Wir wollen nicht, dass die Kinder der nächsten Generationen weiter einen Weg beschreiten, den wir gegangen sind. Einen Weg, auf dem viele Angst haben, zu zeigen, wer sie sind.‘, sagt Dora. Sicher und geborgen sollen sich die Kinder fühlen – das betrifft nicht nur die sexuelle Identität aber eben auch.

Im Augenblick bauen die Veranstalterinnen ihr Programm aus und suchen weitere Drags, die sich beteiligen möchten, sowie Sponsor*innen, die das Programm unterstützen.

Auch Bildungseinrichtungen, die Interesse an einer Kooperation haben, können sich gerne melden. Wer sich selbst die nächste Veranstaltung mit seinen Kindern anschauen möchte, kann Termine auf der Facebookseite von Over the Rainbow finden.”

Cristian D. Magnus